Mein Jakobsweg 2006

18.06.2006 Auvillar - Lectoure

45. Tag

Nach einem ausgiebigen Nutellafrühstück gings heute erst um 7,30Uhr los.
Doris hatte ich bald eingeholt und nach einigen Einzeletappen kamen wir
gemeinsam in Lectoure an.

Bis jetzt hatte ich ja noch nicht die oft beschriebenen Probleme mit beißwütigen
Hunden. Auch wusste ich nicht, ob mein Hundeschreck das leistet wes er im Notfall
soll.
Ich befand mich heute auf einem einsamen Abschnitt und es hatte den Anschein ich
würde nie ankommen. Links unter dem Weg war ein Bauernhof gelegen, von wo aus
sich die Wadelbeißende Gefahr in Richtung Pilger Franko aufmachte. Natürlich mit
Verstärkung. Aber wie so oft im Leben sind nicht die Großen und Starken die Bösen
sondern die kleinen Nichtbeachteten oder Nichtgeliebten.
Dieser kleine Scheißer machte sich doch tatsächlich mit bösartigem Gebell und Gekreisch
an mich heran, immer mit seinem neben ihm mitbellenden Freund. Mit meinem Stock
wollte ich ihm keine verpassen denn dann hätte er wohl das letzte mal gebellt so wie ich
grad drauf war.... Als er jedoch zum Angriff überging und ich mit meinem Stock rumfuchtelte,
verbiss er sich daran. Das war das Zeichen um andere Maßnahmen zu ergreifen.
Ich bewegte mich einige Meter zurück, immer mit einem Auge bei diesem kleinen Drecksack,
um den Schocker aus dem Rucksack zu holen. Die Situation war echt nicht witzig.

Aber dann, was für eine Freude, die beiden wimmernd, duckend und ängstlich zu ihrem
Bauernhof zurückrennen zu sehen. Das Ding habe ich übrigens nur dies eine Mal gebraucht.
Es ist ein Hochfrequenzgerät was für den Menschen nicht zu hören ist, für Hunde mit ihrem
feinen Gehör jedoch sehr unangenehm ist. MISTKÖDER

In Spanien hatte ich mal ne Begegnung mit richtig großen Wachhunden weil ich in der Pampa
vom Weg abgekommen war aber die gaben mir nur zu verstehen, ich solle doch wo anders
lang gehn. Was ich freiwillig tat.

So dies dazu, ansonsten ist der Tag ruhig verlaufen. War schon etwas fad heute.
In "Saint Antonine" machten wir halt im Cafe "La Coquille" - Bar / Episerie. Hach das tat gut!
Doris hatte sich auch auf einen lecker Kaffee gefreut. Und das Cafe als solches war entzückend
und auf den Besuch von Pilgern ausgerichtet.
Was man ja in Frankreich nicht sooo oft findet. >>> Ach so, La Coquille heißt - Die Muschel <<<

Wollte heute draußen schlafen und noch 9km gehn. Doris entschied sich für eine Gite.
Als wir in Lactoure eintrafen, hörten wir aus den Straßenlautsprechern spanische Musik
mit viel Trompete und tempramentvollen Rythmen. Einen solchen Empfang hätten wir
uns nicht erwartet. ;-) Wir kehrten noch in eine kleine Bar ein um uns einen erfrischenden
Willkommenstrunk zu genehmigen. So ein kühles Bierchen halt....

Nachdem Doris sich um einen Platz in einer Gite bemühte, machte ich mich weiter auf den
Weg durch Lactoure. Ich sah in einer Seitengasse ein Bistro/Bar namens "Campari".
Eigentlich ein kleiner Trödelladen wo man zwischen all den zum Verkauf stehenden Möbeln
und Accesvoirs saß. Draußen im Freien jedoch wurde unter freiem Himmel gute Küche
gekocht was mir sehr gefiel. Außerdem stand eine große Leinwand für das heutige WM Spiel
Frankreich - Corea bereit. Im Bistro hing ein TV, wo ich mir bei lecker Bierchen,
dass Spiel Brasilien - Australien ansah - 2:0. Als es zu Ende war, wollte ich zahlen, doch wen
sah ich da sitzen: Michel aus dem Elsass. Es ist unglaublich. Ich setzte mich sofort zu ihm an
den Tisch und bestellte mir das selbe was er gerade verspeiste. Dazu eine Glas Vin de Rouge.

Auf einmal kam Doris frisch geduscht und herausgeputzt an und gesellte sich mit zu uns.
Es dauerte keine 2 Minuten da saß auch noch Frank bei uns am Tisch. Es ist halt DER WEG!
Camino der Begegnungen! Wir hatten uns natürlich viel zu erzählen und hatten dabei ne
Menge Gaudi. Frankreich spielte übrigens 1:1 gegen Corea, die ein super Spiel abgeliefert hatten.

In der Unterkunft wo Frank & Jens übernachteten musste man nix zahlen bzw. ne freiwillige
Spende geben. Als wir allesamt aufbrachen, verabschiedete ich mich von Doris und den Jungs
und machte mich im Dunkeln auf den Weg durch die Stadt raus auf die Straßen zu einem
geeigneten Ruheplatz. Ich hätte vieleicht in Lectoure bleiben sollen, denn
die feierten heute ne riesen Party da sie im Rugby aufgestiegen sind.

Nach ca. 7-8Km der Straße entlang fand ich rechter Hand auf einem Feld einen guten Platz
zum pennen
. Hinter mir die noch immer hell erleuchtete Stadt die auf einer Anhöhe lag.
Warum bin ich oder musste ich oder wollte ich heute noch weiterlaufen. Warum nicht
einfach in ne Gite einchecken und die Nacht auf den Straßen mit Musik und guten Drinks
verbringen??? Ja, ich weiß es selbst nicht. Der Drang voranzukommen
ist manchmal gewaltig groß. Diese Sucht die "Laufen" heißt.

Habe geschlafen wie ein Bär und war gespannt auf die Stadt Condom.