Mein Jakobsweg 2006

12.06.2006 Marcilhac-sur-Cele - Vers

39. Tag


Die tägliche Prozedur am frühen Morgen vollzogen und ab gings ins Ungewisse.
Mal sehn was mich heute so erwartet. Denn selbst zu erwarten hat man nix.
Es kommt immer so wies kommt.
Es fing damit an, dass ich mir die Übernachtungskosten gespart habe, dass heißt,
ich habe heute mal die Zeche geprellt. Nur 6,-€ aber immerhin ein schlechtes Gewissen
sollte mich den ganzen Tag noch plagen. Warum eigentlich, gibts nicht viel schlimmere
Vergehen? Es war außerdem keiner da der die Kohle eingesammelt hat. OK!
Kam wegen der Sache nicht so recht in Wallung und Stimmung.

Ging die Straße entlang bis "Sauliac-Sur-Cele" (7Km) und stoß leider auf keine Boulagerie
oder ein Cafe was meine Laune nicht gerade verbesserte. Als ich an einem Gartenzaun
eine in ihrem Garten fleißelnde Oma sah und sie fragte ob es hier einen Laden gäbe der
mich mit Speiß und Trank versorgen würde gab sie mir ein Zeichen zum warten und
holte ein Stück Brot aus ihrem Haus. Ich war hin & weg und bedankte mich aufrichtig
für ihre Rettungstat. Sie gab mir zu verstehen, dass heute alle Geschäfte FERME also
geschlossen sind. GLÜCKSTAG ;-(
Eine ältere Frau die in ihrem alten Tante Emma Laden nach dem rechten sah verkaufte
mir nach langem getue dann doch etwas. Auch ihr gab ich meine Dankbarkeit mit einem
breiten Zufriedenheitsglücklichsein Grinsen zu verstehen.

So nun war ich wieder guter Dinge und sehnte mich dem Tag entgegen.
Ich war in der Absicht den GR651 wieterzulaufen nur kam mir alles so endlos vor das es
einer kleinen Planänderung bedurfte. Der Franzose aus der "unbezahlten" Unterkunft,
gab mir eine Karte von dieser Route-GR651. Darauf war der wohlklingende Name
"Saint-Cirq-Lapopie"zu lesen und der Franzose schwärmte von dieser Stadt.
Wer mich kennt weiß was jetzt kommt. Ich suchte mir auf dieser Karte ein Route die
irgendwie dorthin führen sollte. Nur gab es jetzt keine direkten Kennzeichnungen
mehr die ich die letzten 1000km hatte. Egal das wird schon.

Irgendwann ging es auf eine offene Straße hoch auf den Berg mit einem wunderschönen
Blick auf Sauliac-Sur-Cele! Dann ging laut Karte ein als Reiterweg beschriebener Pfad
rechts von der Straße ab und mündete in eine lange braunerdige Straße. Es war wieder
einer der Momente wo ich mich glücklicher nicht fühlen konnte. Die Weite der Natur
gepaart mit Hitze, Wind, Durst und und dem Drang nach dem nackten Überleben.
Klingt übertrieben, war aber so. Noch wusste ich nicht ob ich mich nicht verlaufe ect..
Mit nem Knöchelbruch hätte ich dahinten in der Pampa schlechte Karten gehabt.
Aber daran denkt man in dem Moment nicht. Ich kam mir vor wie ein Cowboy ohne Pferd.

Bis ich auf einmal an einer im Wald gelegenen Kreuzung aus verschieden Wegen stand und
keine Ahnung hatte wo es weiter geht. Das dauerte dann ca. 15min bis ich einen Entschluss
fasste und rechts runter weiter lief. Man war das ein scheiß Gefühl im Magen, nicht zu wissen
ist das nun der richtige Weg oder musst du den ganzen Schmarrn wieder zurück laufen.
Mein Ahnung sollte mir Recht geben und ich kam tatsächlich an der Straße raus wo ich wollte.
Danke Jakobus!
Dann gings die Straße entlang aber immer noch hatte ich das dumpfe Gefühl, was ist, wenns
nicht DIE Straße ist!

" - So gings mir damals bei meiner Flucht in den Westen. Idde und ich standen bei den Tschechen
an der Donau und wollten/konnten es nicht glauben das es die Donau ist. Hätte ja auch ein großer
See sein können oder ein anderer Fluss vor dem wir standen. Wir beschlossen damals 10min zu
laufen und wenn dann immer noch der "See" ist oder der andere Fluss, dann muss es die Donau sein.
Es war auch die Donau! Aber es gibt so ungewisse Momente im Leben die entscheidend sind.
Und da nen Fehler zu machen, dann kanns gewaltig in die Hose gehn. - zurück -"

Es stellte sich jedoch schnell heraus, dass es die richtige Straße war auf der ich mich befand.
Nach einem kleinen Umweg unten an der Brücke sollte ich dann doch noch oben in der schönen
Stadt "Saint-Cirq-Lapopie" ankommen. Es war voll mit Touristen die sich mit Bussen habe
ankarren lassen. Nur ein Buss mit wild gestikulierenden und permanentlächelnden
Fotografierjapanern fehlte. ;-)
Oben auf dem Berg angekommen, hatte ich eine nette Unterhaltung mit 2 Holländern.
Die Stadt bestand aus zahlreichen Ateliers und Kust-Austellungsräumen.
Sitze jetzt bei Wasser und Cafe au Lait und schreibe Karten und Tagebuch. Ich hatte schon
die ganze Zeit ein schlechtes Gewissen den Jakobsweg verlassen zu haben und dafür den GR651
zu laufen und dann auch noch so nen Abstecher zu machen.
Jedoch: bisher wollte es DER WEG so mit mir. Daher wars keine grundlegend falsche Entscheidung.

Da habe ich`s wieder: JEDER WEG nach Santiago de Compostela ist ein Jakobsweg

Saint-Cirq-Lapopie:
- wurde zum schönsten Dorf Frankreichs gewählt
- mehr interessantes zu Saint-Cirq-Lapopie finden sie unter diesen links

http://www.frankreich-sued.de/saint-cirq-lapopie-server/historie.htm
http://www.frankreich-sued.de/saint-cirq-lapopie-server/Andre-Breton.htm


Im Gegenteil, es war gut so, keine permanent grüßenden Pilger und eine geheimnisvolle Ruhe.
Werde mir jetzt noch ein frisches zischendes Bierchen gönnen und ne Karte schreiben.
Habe mir noch einen Stempel im Touristenbüro geben lassen und machte mich anschließend
auf den Weg nach Buzies. Der Weg führte direkt am Lot mit seinen Schiffswehren entlang.
Unter den Felsen, am Ufer des Lot, ging der Weg an Bildhauereien die in den Felsen geschlagen
wurden vorbei. EIN TRAUM!!!

Ich traf dort auf 4 Augsburger die mit dem Boot unterwgs auf dem Lot waren.
Unterwegs fischte ich mir noch einige Muscheln aus dem Lot die ich später unterwegs
ablegen wollte. In Buzies angekommen, fasste ich erstmal Wasser an einem Brunnen.
Dort traf ich dann 2 Deutsche die mir schon in einem Restaurant in Conques aufgefallen waren.
Peter und Astrid aus Gauting bei München. Sehr nette Leute. Sind mit ihren beiden
Kindern für eine Woche auf dem Lot unterwegs.
Ja das wäre auch mal was!

Als ich Bozies den GR36 verlassen habe, nahm ich die Strecke einer alten verlassenen
Bahnstrecke nach Saint-Gery. Eine sehr aufregende Action. Es war zwar eine Schinderei
auf den Gleisen zu laufen aber es machte unheimlich viel Spaß.
War natürlich wieder allein auf weiter Flur. Man wird schon bekloppt wenn man den
Rythmus zwischen den Schwellen nicht finden kann.;-) Irgendwie gehts dann aber doch.
Ist ja nicht so, dass ich heute keine Schmerzen in den Beinen hatte. Ha Ha.
Die Schienen führten mich geradewegs über eine alte rostige Eisenbahnbrücke die den Lot
überquerte. Ich war voll auf begeistert.

In Saint-Gery gönnte ich mir in einer kleinen Bar ein Bierchen. Und da sonst alles zu hatte,
kaufte ich mir 2 Mars und eine Flasche "Cahors Vin de Rouge". So, der Abend war gerettet.
Ich entschied mich dann doch noch nach Vers zu laufen da hier keine so richtige
(mir im Moment gefallene) Schlafstelle zu finden war. Um die ganze Sache abzukürzen,
ging ich durch einen stillgelegten Eisenbahntunnel.
Finster wie im Bärenarsch da drinnen. Zum Glück hatte ich ja ne Stirnlampe die jetzt zum
Einsatz kommen konnte. Ich war aufgeregt wie ein kleines Kind aber so solls ja sein.
In Vers bekam ich noch Brot und Nutella von einer lecker Bäckerin. Ich glaube sie hatte sich
selbst beschissen beim rausgeben. Oder sie gönnte mir den Abendhappen.

Es gab hier einen Campingplatz den ich für diese Nacht zu meinem Quartier auserkoren hatte.
Habe mich schön geduscht und mich zu Tisch begeben als ein junger Wandersmann daher
kam und sich zu mir gesellte. Es war "Morgan" ein Franzose, 27Jahre alt und mit 25kg und
Gitarre unterwags. Er aber wiegt gerade mal ca.50-60kg !!! RESPEKT !!!

Haben zusammen gespeist und uns in schriftlicher und bildlicher Form unterhalten.
Er konnte leider nur französisch. Um 22°°Uhr gings ab in die Falle. Ja so ein Scheiß,
habe wirklich einen kleinen Riss in der Isomatte. Na das kann eine Nacht werden.
Den schweren Tag in den Knochen und dann keine richtige Schlafunterlage.

Und so kam es dann auch: Vollmond - Überall Lichter
das bedeutete Ungeziefer und viele Mücken und Motten

Fazit: schlafe niemals auf einem Campingplatz wenn du nicht ein Zelt hast.
Ansonsten, such dir den dunkelsten Platz aus, nur keine Lichtquelle in der Nähe die das
Insektenvolk anzieht wie Honig den Bären.
Grausam. Werde mich dann morgen in Cahors um Flickzeug kümmern.

Gute Nacht!

war ein sehr schöner Tag!