Mein Jakobsweg 2006

22.05.2006 Genf - Chez Gresat

18. Tag

Bin durch meine innere Wanderuhr schon 5:30Uhr munter gewesen. Hatte mir die Ohropax entfernt und
versucht noch nen Stündchen zu schlafen. Jedoch schnarchte mein Freund der Afrikaner so sehr, dass
an schlafen nicht mehr zu denken war. Ein SchnarchBÄR! 6:30Uhr raus, frühstücken, Zähne putzen, KeyCard
abgegeben und raus an die frische Luft. Traf auf 2 Pilger die von Genf nach Le Puy gehn und
kaufte mir eine Bildzeitung um auf dem neuesten Stand der Dinge zu sein. SINNLOS!!!!
Die Zeit verging langsam und in Finnland hat man wahrscheinlich immer noch feste gefeiert.
Der GP de Eurovision wird auch immer dämlicher. Eigentlich "Balkan GP", nur diesmal die Finnen???
Egal das ist alles so unwichtig, ich hoffte nur, dass es schnell 9:30Uhr werden soll damit ich in den
Intersport kann. Punkt 9:33Uhr stand ich vor meinem neuen Regenponcho. Eine Freude kann ich sagen.
74,-Sfr. Egal nach dem letzten Nässeeinbruch war jeder Preis recht ;-)

Harald hatte, wie ich es mir schon dachte, in der Basilika gewartet an statt in der Kathedrale St. Pierre.
Drei vorbeigehende Pilgermädels erkannten mich als denjenigen, den Harald ihnen im Gespräch beschrieben
hatte und gaben mir zu verstehen, dass er in der Basilika wartet. So klein ist die Welt und umsorgend
der Weg! Was für eine Freude den alten Haudegen wieder zu sehn. Nach einem erneuten Besuch in der
Kathedrale und vielem was, wie, wo ect. gings in Richtung französischer Grenze. Gut das im Buch alles
so genau beschrieben war, zum Beispiel wie man aus dieser Stadt wieder raus auf den richtigen Pfad kommt.
Snickers hatte ich auch keine mehr da ich keine Sfr mehr hatte. Wir hatten beide nix mehr zum Essen dabei
und stellten im Laufe des Weges fest, dass es auch nix mehr geben sollte ;-( Selbst der Bäcker hatte zu und in keinem
dieser "Weiler" (Kleine Orte) gab es Nachschubläden. GUTEN TAG FRANKREICH!

Ich könnte ja noch damit leben wenn auch schwer aber Harald!? Der drehte am Rad wie nen Hamster.
Hunger ist sein aller gröster Feind. Den galt es jetzt zu besiegen. Aber wie?
Wir liefen und liefen und es wurde immer schwärzer am Himmel. Es konnte nicht mehr lange dauern bis
uns auch noch der Regen erwischte. Aber i war ja jetzt stolzer Besitzer eines Regenponchos :-)
Wir hatten nur noch 1Km bis Chez Gresat. Dort angekommen fragten wir einen Bauern ob wir in seinem
Stall übernachten dürfen. Stall: das sind so große lange halbrunde Folienzelte. Diese Bauweise geht
für alles her. In unserem Fall wäre es ein Lagerraum gewesen.
Er war einverstanden und wir hatten das Timing ohne Regen die Nacht zu verbringen. Doch dann deutete
er auf ein Gebäude und gab uns zu verstehen, dass dort des öfteren Pilger unterkämen. Also, hauptsächlich
angetrieben vom Hunger, machten wir uns auf den Weg zu diesem Haus.

Wir klopften vorsichtig und bescheiden an und siehe da die Tür ging auf. Kein franz. kein engl. NIX!,
trotzdem bat man uns herzlich herrein. Alle beide, Bauer und Bäuerin im fortgeschrittenen Alter, waren
für den Moment etwas durcheinander. Zwei wie uns da vor sich zu sehn, hatten die sicher auch nicht jeden Tag.
Wir machten liebenswerte, wortlose Gesten und ernteten damit ein Lachen auf den anderen Lippen.
Sehr schön, wir waren happy und willkommen.
Die Grand Madame zeigte uns das Zimmer mit Doppelstockbett und die Erfrischungszelle auch Bad genannt.
Ein Traum. Harald strahlte vor Freude wie reines Plutonium. Das soll nicht heißen, dass der Hunger
einen Bogen um uns gemacht hätte. Nach dem wir uns vom Schweiß des tages befreit hatten, bat man uns
zu Tisch. Die Hausherrin hatte gekocht. Den ersten Tag in Frankreich und schon an einem gedeckten Tisch.
Und das auch noch privat. Auf dem Speiseplan stand:

- Gemüsesuppe
- Mais
- Fleisch
- eingelegter Blumenkohl
- Brot
- und Rotwein

Und es schmeckte so lecker. Zum grönenden Abschluss gab es noch eine Käseauswahl vom feinsten.
Tome de Savoi war auch dabei. Den sollte ich später noch öfters essen. Der Abend war gerettet.
Und jetzt kommts: so wie wir das Haus betreten haben, fing es aus allen Himmelsluken an zu regnen.
Wie man das nennt erfährt man am Ende des Weges.
Mit großem Erzählbär geben war leider nichts, aber wir haben erfahren, dass der Mann auch schon den
"Chemin de Saint Jacques" gelaufen ist. Er zeigte uns noch seine Credencia mit den Stempeln.
Jetzt war es angemessene Zeit fürs Bett.

PS:
Meine Sehscheidehautenzündung oder was immer das sein mag ist nicht besser geworden. Ich musste
mir heute wie ein Mann auf die Zähne beisen um nicht am Schmerz zu Grunde zu gehn. Es war die Hölle!
Trotz der Voltaren die ich mir in Genf gekauft habe. Fußpilzsalbe habe ich jetzt auch.
Das war ne Geburt bis ich das erklärt habe. Zum schießen!
Ich weiß noch nicht wie das weitergehn soll. Aufgeben tu ich nicht, dass steht fest.